Der Hessische Rundfunk, als gebührenfinanzierter Rundfunk, denkt über die Umwandlung seines Kulturprogramms, HR2-Kultur, zu einer reinen Hörfunkwelle für klassische Musik ab dem Frühjahr 2020 nach. In meiner Funktion als kulturpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Hessischen Landtag wurde ich am Montag, 19. August 2019 von der FAZ um eine Stellungnahme zu dem geplanten Vorgehen gebeten. Ein Ausschnitt meiner Einlassung wurde heute im Feuilleton der FAZ veröffentlicht. Nachfolgend finden Sie meine vollständige Stellungnahme an die FAZ-Redaktion:
„Ich danke Ihnen, dass Sie mir als kulturpolitischem Sprecher der AfD-Landtagsfraktion Gelegenheit geben, Stellung zu beziehen zu Vorstellungen der Intendanz des Hessischen Rundfunks, hr2-Kultur nicht mehr als Radio-Vollprogramm sondern als Informationsangebot im Internet anzubieten. Hintergrund ist offenbar ein Zielgruppenkonflikt, der meint, es lohne sich nicht, nur mehr für angeblich knapp 120 000 Stammhörer ein qualitativ hochstehendes, auch intellektuellen Ansprüchen genügendes Mischprogramm aus Musik, Literatur und Kunst weiterhin anzubieten, man wolle stattdessen mit einem anderen Format ein „jüngeres“ Publikum erreichen.
Die Intendanz des Hessischen Rundfunks wäre gut beraten, wenn sie sich stattdessen Gedanken machte, wie man bei Erhalt des jetzigen Formats mehr Hörer, auch jugendliche, gewinnen könnte. Schließlich handelt es sich bei den Beiträgen in hr2-Kultur um Kulturschätze, die es ohne „Wenn und Aber“ wert sind, an eine erweiterte Hörerschaft nahe zu bringen. Hinter der geplanten „Klassikwelle“ steht offenbar ein nur herunter gebrochenes Kulturprogramm zu vermuten, das dem fragwürdigen Trend unterliegt, Hörern nur noch leicht zu konsumierende Kulturhäppchen vorsetzen zu wollen. Die Intendanz sollte gewarnt sein, diesen Weg zu beschreiten, weil er nur mit enormen kulturellen Verlusten einhergeht.
Ich bin der Überzeugung, dass ein Nutzerverhalten nicht ausschlaggebend dafür sein darf, dass hr2-Kultur, das sich bei den meisten Hörern als Lieblingssender mit vielfältigen Kulturformaten und Wortbeiträgen wie Bücherlesungen etabliert hat, dem Rotstift ausgesetzt wird. Gerade weil hr2-Kultur vergleichsweise sich nach meiner Wahrnehmung als bester Radiosender Hessens bewährt hat gegenüber viel zu vielen nur quasselnden Radiosendern, denen tiefere Informationen oder Kommentare, auch Intellektualität und Anspruch eher Fremdwörter sind. Es wäre verhängnisvoll, wenn sich der Hessische Rundfunk diesem Trend anschlösse.
Übertragen auf andere Kulturgüter wie Opernhäuser oder Theater, würde das in Konsequenz heißen, auch diese müssten sich gleichermaßen „umorientieren“. Diesen Gedanken mag man sich so gar nicht vorstellen. Wer immer hr2-Kultur gehört hat, war bzw. ist sich dessen stets gewiss, in einen vorzüglichen Genuss zu kommen, einzigartige Qualität mit einer sehr sinnvollen Mischung aus wohltuenden und interessanten, kulturellen Verknüpfungen geliefert zu bekommen. Eine Auslagerung richtet sich gerade gegen diese reizvolle und spannende Kombination. Dieses Programm auf den Opfertisch der Digitalisierung zu legen, ist vehement abzulehnen. Ganz abgesehen davon, dass sich der Hessische Rundfunk damit durchaus ein Eigentor einheimsen könnte, ist es doch keineswegs auszuschließen, dass ein „wortfreies“ Klassikprogramm noch viel weniger Hörer anziehen wird.
Zu guter Letzt: Der Hessische Rundfunk hat, auch und gerade mit seinem Radiosender hr2-Kultur einen Versorgungsauftrag. Lagert man nun Teile des Kulturprogramms aus, wird zweierlei deutlich:
1. der Hessische Rundfunk will dieser Verpflichtung nicht mehr nachkommen,
2. damit zeigt der Hessische Rundfunk, dass er sich als öffentlich-rechtlicher Rundfunk überlebt hat, weil er sich selbst bereits in Teilen als überflüssig ansieht.
Sollte die Intendanz des Hessischen Rundfunks tatsächlich diesen verhängnisvollen Weg gehen, wird es Zeit, dass sich umgehend dafür eingesetzt werden muss, die Zwangsfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dringlich abzuschaffen.“