Windanlagen im Kreis Bergstraße – ökologisch und ökonomisch unsinnig

Im ver­gan­ge­nen April lässt Land­rat Chris­ti­an Engel­hardt ver­laut­ba­ren, mit 15 Wind­an­la­gen an den Stand­or­ten Grei­ner Eck, Still­füs­sel und Kah­len­berg habe der Kreis Berg­stra­ße einen Bei­trag zur Wind­ener­gie­nut­zung erbracht und hat hin­zu­ge­fügt, wei­te­res Poten­ti­al bestehe aus heu­ti­ger Sicht nicht. Mit sei­ner viel­deu­ti­gen Ein­schrän­kung „Poten­ti­al aus heu­ti­ger Sicht“ lässt sich der Land­rat offen­bar eine Hin­ter­tür offen. Denn er weiß, dass die durch den hes­si­schen Land­tag for­mu­lier­te Ziel­vor­ga­be, näm­lich 2 % als Vor­rang­ge­bie­te aus­zu­wei­sen, an der Berg­stra­ße mit 1,5 % nicht erreicht ist. Und der Land­rat weiß ein­zu­schät­zen, dass der Druck durch Regie­rungs­prä­si­di­um und Lan­des­re­gie­rung auf die Berg­stra­ße auch des­halb zuneh­men wird, wei­te­re Vor­rang­ge­bie­te aus­zu­wei­sen, vor allen Din­gen dann, wenn ins­ge­samt hes­si­sche Wind­er­trä­ge unter ihrer Nenn­leis­tung lie­gen, was auf­grund der man­gel­haf­ten Windhöf­fig­keit, auch und gera­de an der Berg­stra­ße, zu erwar­ten ist.

Ent­spre­chend mehr­deu­tig ist eine zwei­te Aus­sa­ge des Land­rats, er hal­te es poli­tisch für nicht ver­tret­bar, Vor­rang­flä­chen im Kreis Berg­stra­ße auf den Hügeln des Oden­wal­des zu kon­zen­trie­ren. Glaub­wür­dig­keit, auch Ver­trau­en, erzielt man, indem man Mut zeigt, sich gegen Zumu­tun­gen zu weh­ren. Wir wünsch­ten uns, der Land­rat hät­te Klar­text gespro­chen. Wir hät­ten gern aus sei­nem Mund neben einer poli­ti­schen eine viel wei­ter­ge­hen­de Auf­fas­sung über Wind­an­la­gen im Kreis gehört. Eine Auf­fas­sung etwa wie die der AfD. Denn wir wol­len kei­ne wei­te­ren Wind­an­la­gen an der Berg­stra­ße zulas­sen, weil es ein öko­no­mi­scher und öko­lo­gi­scher Irr­weg ist und jedes Wind­rad an der Berg­stra­ße und anders­wo bereits eines zu viel ist. Mei­ne Damen, mei­ne Her­ren, weil die poli­ti­schen Befür­wor­ter und Lob­by­is­ten von Wind­an­la­gen gegen­über ein­leuch­ten­den Gegen­ar­gu­men­ten sich auf bei­den Ohren taub und auf bei­den Augen blind stel­len, hier nur weni­ge Fak­ten und Irr­tü­mer, denen sie auf­ge­ses­sen sind:

Irr­tum 1: Wind­an­la­gen sei­en öko­lo­gisch nach­hal­tig. Falsch! Flä­chen­plä­ne für Wind­an­la­gen im RP Darm­stadt könn­ten schon bald im Oden­wald maxi­mal über 13 % der Flä­che des Krei­ses und maxi­mal etwa 25 % der Flä­che des Wal­des als Stand­or­te für Wind­an­la­gen aus­wei­sen. Das ist eine öko­lo­gi­sche Kata­stro­phe, da pro Wind­rad 10 ha Natur zer­stört wird, Zufahrts­we­ge ver­lan­gen wei­te­re Opfer an Wald und Natur.

Irr­tum 2: Wind­an­la­gen sei­en öko­no­misch sinn­voll. Falsch! Die Effi­zi­enz von Wind­an­la­gen ist dürf­tig, es gibt kei­ne Spei­cher­ka­pa­zi­tä­ten, durch Wind­an­la­gen erzeug­ter Strom wird bei Über­ka­pa­zi­tät z. B. nach Öster­reich zu Spott­prei­sen ver­schenkt und wird von uns bei Wind­flau­te teu­er zurück­ge­kauft. Was die pro­spek­tier­ten Wind­ge­schwin­dig­kei­ten angeht, darf man davon aus­ge­hen, dass sie getürkt sind. Wind­ener­gie ist auch nicht plan­bar: die Leis­tung von Wind­rä­dern steigt bzw. fällt mit der 3. Potenz der Wind­ge­schwin­dig­keit. Das heißt, 10 % Feh­ler in der Wind­ge­schwin­dig­keit erge­ben 30 % Feh­ler im Ertrag.

Irr­tum 3: Der Bevöl­ke­rung wird weis­ge­macht, Öko­strom­po­li­tik füh­re zur Ver­min­de­rung von CO2-Emis­sio­nen. Falsch! Sie führt zu kei­ner spür­ba­ren Sen­kung von CO2-Emis­sio­nen.

Irr­tum 4: Öko­strom sei nach­hal­tig. Falsch! Der GRÜ­NE Trit­tin hat nach Inkraft­tre­ten des EEG im Jahr 2004 behaup­tet, die För­de­rung rege­ne­ra­ti­ver Ener­gien wür­den einen Haus­halt nur 1 Euro monat­lich kos­ten – so viel wie eine Kugel Eis. Fakt ist: ein Durch­schnitts­haus­halt zahlt als Strom­preis­um­la­ge 240 € im Jahr, und die EEG-Vergütungen betra­gen 24 Mrd. € jährlich.

Das, mei­ne Damen, mei­ne Her­ren, wären die pas­sen­den Bot­schaf­ten eines Gestal­ters gewe­sen, in des­sen Rol­le sich der Land­rat gern selbst sieht. Eine Bot­schaft, die eige­ne Ansprü­che auch gegen­über dem grü­nen Regie­rungs­prä­si­di­um Darm­stadt sowie der schwarz-grünen Koali­ti­on in Wies­ba­den in der Sache hart und argu­men­ta­tiv zu ver­tre­ten weiß. Bedau­er­lich nur, dass nun Geg­ner von Wind­an­la­gen in die Bre­sche sprin­gen müs­sen. Die AfD-Fraktion unter­stützt deren Anlie­gen, auch wir wol­len uns unse­re land­schaft­lich reiz­vol­le Berg­stra­ße durch Wind­rä­der weder zer­stö­ren noch ver­un­stal­ten lassen.

Doch der Rei­he nach: Die AfD-Fraktion lehnt die Beschluss­vor­la­ge „der Auf­stel­lung des Sach­li­chen Teil­pla­nes Erneu­er­ba­re Ener­gien des Regio­nal­plans Süd­hes­sen“ (sowie des ent­hal­te­nen Lan­des­ent­wick­lungs­plans Hes­sen) ab, wonach Trä­ger der Regio­nal­pla­nung ver­pflich­tet sind, Vor­rang­ge­bie­te zur Nut­zung von Wind­an­la­gen fest­zu­le­gen. Ange­sichts des im gesam­ten Land­kreis Berg­stra­ße und im Oden­wald spür­ba­ren, mas­si­ven Wider­stands gegen die Errich­tung von Wind­rä­dern, ist es gera­de­zu scham­los und auch arro­gant, wie Tau­sen­de von Men­schen der Regi­on bei ihrem Pro­test gegen Indus­trie­an­la­gen inmit­ten unse­rer Wäl­der abge­kan­zelt werden.

In der Beschluss­vor­la­ge heißt es näm­lich, dass die Pla­nungs­trä­ger davon aus­ge­hen, die hohe Zahl der Ein­wen­dun­gen gegen Wind­rä­der stell­ten kei­nen eigen­stän­di­gen, in der Abwä­gung zu berück­sich­ti­gen­den öffent­li­chen Belang dar. An ande­rer Stel­le erfah­ren Kri­ti­ker die­sel­be Abfuhr: Beein­träch­ti­gun­gen der Erho­lungs­funk­ti­on sind zwangs­läu­fig mit der Nut­zung von Wind­an­la­gen ver­bun­den und hin­zu­neh­men (S. 6). Wer es immer noch nicht glau­ben mag, was in die­sen Köp­fen vor sich geht, hier noch zwei wei­te­re Bei­spie­le (S. 9 u. 10): „Beein­träch­ti­gun­gen des Land­schafts­bil­des bei der Umset­zung der Ziel­vor­ga­ben sind nicht zu ver­mei­den“, und gegen die Pla­nun­gen wer­den aus land­wirt­schaft­li­cher Sicht kei­ne Beden­ken erho­ben, weil es sich vor allem um Wald han­delt. Das wer­de grund­sätz­lich sogar posi­tiv beurteilt.

Mei­ne Damen, mei­ne Her­ren, die­ser Wahn­sinn hat Metho­de und raubt jedem Ver­nünf­ti­gen den Ver­stand, zumal in der Beschluss­vor­la­ge erkannt wor­den ist, dass die Gefahr einer tech­ni­schen Über­for­mung von Land­schaf­ten gege­ben ist. Die hier genann­ten Bei­spie­le müss­ten für die betei­lig­ten Befür­wor­ter dring­li­che Kon­se­quen­zen und Hand­lungs­be­darf haben. Haben sie aber nicht. Der Spuk geht sogar noch wei­ter: Den GRÜ­NEN und ande­ren poli­ti­schen Wirr­köp­fen im BUND, sie­he deren jüngs­te Äuße­run­gen in Bens­heim und auf der Home­page des BUND, geht es mit dem Zubau noch nicht schnell genug: sie geben viel­leicht erst dann Ruhe, wenn sich auf dem Meli­bo­kus, dem Auer­ba­cher Schloss und der Star­ken­burg wei­te­re Wind­rä­der dre­hen. Ver­kehr­te Welt. Die Stra­ßen müss­ten eigent­lich schwarz sein, vol­ler pro­tes­tie­ren­der Men­schen gegen Wind­rä­der. Statt­des­sen nur weni­ge, außer Bür­ger­initia­ti­ven und der AfD, die sich expli­zit gegen Wind­an­la­gen an der Berg­stra­ße und im Oden­wald zur Wehr setzen.

Eine ein­zi­ge Ent­täu­schung sind auch die Stel­lung­nah­men der Wirt­schafts­för­de­rung Berg­stra­ße sowie ein­zel­ner Städ­te und Gemein­den. Auch hier bie­tet sich ein jam­mer­vol­les Bild. Die Wirt­schafts­för­de­rung, unter ande­rem zustän­dig für die Tou­ris­mus­för­de­rung, lässt ledig­lich kund­tun, „das ursprüng­li­che Land­schafts­bild soll so weit wie mög­lich bewahrt wer­den, und man bewer­te Windanlagen-Standorte im UNESCO-Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald kri­tisch. Das ist schon bemer­kens­wert. Wenigs­tens erkennt die Wirt­schafts­för­de­rung, dass der Nibe­lun­gen­steig, der immer­hin zu den bedeu­tends­ten Fern­wan­der­we­gen des Oden­walds zählt, mit­ten durch das Vor­rang­ge­biet hin­durch führt, und dass auch ande­re Wan­der­we­ge durch befes­tig­te Zufahrts­we­ge betrof­fen sind. Wie anders­wo führt das jedoch zu kei­ner­lei poli­ti­scher Kon­se­quenz. Man fragt sich, ob es der Wirt­schafts­för­de­rung fremd und nicht bewusst ist, dass Land­schafts­schutz das tou­ris­ti­sche Poten­ti­al des Land­krei­ses Berg­stra­ße für die nächs­ten Gene­ra­tio­nen sichert. Selbst im Fal­le eines Rück­baus von Wind­an­la­gen las­sen sich Boden­ein­grif­fe wie allein 3.000 Ton­nen Stahl­be­ton pro Wind­an­la­ge oder Ein­grif­fe in den Ver­sor­gungs­stra­ßen­bau und Pla­nie­run­gen für Zufahrts­we­ge nicht mehr in den natür­li­chen Zustand zurück­ver­set­zen. Hier ist Natur unwie­der­bring­lich ver­lo­ren. Nur neben­bei, Dres­den müss­te als ein war­nen­des Bei­spiel genug sein, wie schnell man den UNESCO-Kulturerbe-Status ver­lie­ren kann.

Unver­ständ­lich und nicht nach­voll­zieh­bar ist auch die indif­fe­ren­te Hal­tung eini­ger Städ­te und Gemein­den im Land­kreis in ihrer Stel­lung­nah­me zum Sach­li­chen Teil­plan des Regio­nal­plans Süd­hes­sen und des Regio­na­len Flä­chen­nut­zungs­plans. Die Gemein­den sehen ent­we­der von einer Stel­lung­nah­me gänz­lich ab, oder es bestehen ihrer­seits kei­ne Beden­ken. Man reibt sich die Augen. Als dabei feder­füh­ren­des Argu­ment wird ange­führt, man sei ja nicht direkt durch ein Vor­rang­ge­biet betrof­fen. Das nen­ne ich: Glück gehabt. Doch es gibt auch Trost: wenigs­tens eini­ge Gemein­den machen es anders. Sie beken­nen ein­deu­tig Far­be und benen­nen expli­zit, auf ihrem Gemein­de­ge­biet kei­ne Wind­an­la­gen zuzu­las­sen. Doch das sind zu weni­ge. Die gro­ße Mehr­heit der CDU- und SPD-geführten Städ­te und Gemein­den haben sich auf ein „Wei­ter so“ ver­stän­digt, weil der „Kli­ma­wan­del“ es nun ein­mal ver­lan­ge. Dabei stieg die glo­ba­le Tem­pe­ra­tur seit 15 Jah­ren nicht mehr an. Wind­an­la­gen­geg­ner wer­den den­noch schnell als „Kli­ma­leug­ner“ abgestempelt.

Mei­ne Damen, mei­ne Her­ren, die AfD-Fraktion hat sich vor zwei Wochen im „Still­füs­sel“ die Ein­grif­fe beim Zubau von Wind­an­la­gen inmit­ten der Natur ein­mal aus der Nähe ange­se­hen. Sel­ten wird man mit einer Bru­ta­li­tät wie die­ser kon­fron­tiert, wie dort mit der Natur umge­gan­gen wird. Hier stirbt unser Wald, und die Ver­ant­wort­li­chen las­sen dafür sicht­lich ganz ohne Scham Hand anle­gen: für unge­heu­re Indus­trie­an­la­gen inmit­ten von Wäl­dern, wo sonst nicht ein­mal ein Kiosk für Wan­de­rer betrie­ben wer­den darf. Hier merkt man deut­lich: der Wind­lob­by geht es ums Geschäft zu Las­ten von Mensch und Natur. Die Ver­schan­de­lung des Oden­walds, die Rund­um­schlä­ge gegen Natur-, Landschafts- und Gesund­heits­schutz unter Miss­ach­tung von Arten- und Gewäs­ser­schutz ist im vol­len Gang. Auch weit über die Berg­stra­ße hin­aus: 28.000 Wind­an­la­gen in Deutsch­land zei­gen, für jeder­mann sicht­bar, auf die größ­te Land­schafts­ver­än­de­rung seit dem Zwei­ten Welt­krieg hin. Ver­lo­ren dort die Idyl­le der Natur, wo sich Wind­rä­der dre­hen. Vor­bei, was Johann Wolf­gang Goe­the über unse­re Wäl­der schrieb: „Über allen Gip­feln ist Ruh, in allen Wip­feln spü­rest Du kaum einen Hauch“.

Mei­ne Damen, mei­ne Her­ren, am 24. Sep­tem­ber wird es an der Berg­stra­ße Sturm geben. Sie wis­sen, bei Sturm kön­nen Wind­an­la­gen nicht betrie­ben wer­den. Weil einem dabei die Roto­ren um die Ohren flie­gen könn­ten. Am 24. Sep­tem­ber könn­te den Befür­wor­tern von Wind­an­la­gen viel Gefähr­li­che­res wider­fah­ren: nied­ri­ge Wahl­er­geb­nis­se. Die Wäh­ler könn­ten am 24.09.2017 dafür sor­gen, dass die Wahl­er­geb­nis­se genau­so fal­len wie unse­re Wäl­der beim Roden für inef­fi­zi­en­te Wind­rä­der. Kräf­ti­ger Gegen­wind hat etwas Gutes. Der Antrag der FDP-Fraktion wie auch die Reso­lu­ti­on der LIN­KEN gegen wei­te­re Wind­rä­der an der Berg­stra­ße sind zu befür­wor­ten, wenn­gleich die­se aus unse­rer Sicht noch nicht weit­rei­chend genug sind. Bleibt nur zu hof­fen, dass sich heu­te im Kreis­tag wenigs­tens eine brei­te Mehr­heit fin­det, die sich gegen jedes wei­te­re Wind­rad an der Berg­stra­ße aus­spricht. Die Hoff­nung stirbt bekannt­lich zuletzt.

(Foto: Bau­stel­le für den geplan­ten Wind­park Still­füs­sel bei Sie­dels­brunn, Gemein­de Wald-Michelbach)

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